Der 3. Women of Impact Summit (2024)

Veranstaltungsbericht
Am 5. Oktober 2024 veranstaltete SIMAMA–STEH AUF e.V. den Women of Impact Summit unter dem Titel „Das Recht auf Repräsentanz und Zugang zu Ressourcen für migrantische Frauen“. Mit Teilnehmerinnen mit über 15 Nationalitäten diente die Veranstaltung als bedeutende Plattform, um die Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolge migrantischer Frauen sichtbar zu machen. In einer Gesellschaft, in der Frauen mit Migrationshintergrund oft mehrfach diskriminiert werden, sind solche Veranstaltungen essentiell. Sie bieten nicht nur Raum zur Vernetzung und zum Austausch, sondern schaffen auch Gelegenheiten, den Stimmen und Expertisen migrantischer Frauen Gehör und Sichtbarkeit zu schaffen. Die Förderung ihrer Repräsentanz und ihres Zugangs zu wichtigen Ressourcen ist entscheidend, um ihren Beitrag zur Gesellschaft besser wertzuschätzen und ihre Teilhabe in diversen Entscheidungsprozessen zu fördern. Dieser Bericht soll den Wert und die Bedeutung des Summits aufzeigen und verdeutlichen, warum migrantische Frauen mehr Unterstützung verdienen.



Einführung
Eröffnung der Veranstaltung
Sylvia Holzhäuer-Ruprecht, Gründerin des Vereins SIMAMA–STEH AUF e.V., eröffnete den Summit mit einer eindringlichen Ansprache über die Bedeutung feministischer Politik als progressiven Ansatz. Sie verwies auf die Leitlinien der Außenpolitik, die von Annalena Baerbock (Bundesministerin des Auswärtigen) und Svenja Schulze (Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vorgestellt wurden, mit dem Ziel, Fairness und Gleichberechtigung zu fördern.

Holzhäuer-Ruprecht forderte eine kritische Hinterfragung der gegenwärtigen Situation:
- Haben Frauen tatsächlich Wege zur Repräsentanz?
- Haben wir Fortschritte gemacht?
- Werden die Erfahrungen unterschiedlicher Lebensrealitäten angemessen berücksichtigt?
Trotz einer Vielzahl von Programmen bestehen weiterhin strukturelle Ausgrenzungen, die migrantische Frauen oft in politischen und gesellschaftlichen Prozessen ungehört lassen. Somit reiche es nicht aus, lediglich neue Programme zu schaffen. Es müsse vielmehr daran gearbeitet werden, die Barrieren abzubauen, die verhindern, dass migrantische Frauen Zugang zu notwendigen Ressourcen erhalten. Sie betonte: „Wenn Frauen Zugang haben, können sie ihre Rechte aktiv wahrnehmen.“
Zudem warb Holzhäuer-Ruprecht für die Lektüre von Büchern, die von Autorinnen mit Migrationshintergrund verfasst wurden, um deren Perspektiven und Erfahrungen stärker in den Fokus zu rücken.
Grußworte
Dr. Simone Höckele-Häfner, Leiterin der Abteilung Gesellschaft im Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg, begrüßte den thematischen Fokus auf migrantische Frauen und fragte, wie diese zu Gestalterinnen der Zukunft werden können. Sie betonte die Vielfalt dieser Gruppe und beschrieb migrantische Frauen als „Agentinnen des Wandels“ und nicht nur als Opfer ihrer Umstände. Dr. Höckele-Häfner führte weiter aus, dass sowohl der Bund als auch das Land Baden-Württemberg bereits viel für diese Frauen tun. Beispielsweise bietet der Bund bietet speziellen Sprachunterricht an, der in Teilzeit sowie mit Kinderbetreuung angeboten wird. Zudem gibt es Berufsprogramme und Fraueninformationszentren, die Unterstützung in arbeitsbezogenen Fragen und beim Schutz vor Gewalt bieten. Besonders hob sie das Förderprogramm „Empowerment von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte“ hervor, welches in diesem Jahr vom Land Baden-Württemberg ins Leben gerufen wurde und 36 lokale Projekte mit insgesamt etwa 800.000 Euro finanziell unterstützen soll. Abschließend betonte sie, dass Bund und Länder die wertvollen Beiträge migrantischer Frauen bereits anerkennen.


Integrationsbeauftragte der Stadt Karlsruhe
Meri Uhlig, Integrationsbeauftragte der Stadt Karlsruhe, unterstrich die Bedeutung von Sichtbarkeit und Empowerment, betonte jedoch, wie verletzlich es Frauen machen kann, ihre Geschichten öffentlich zu teilen. Auch die Notwendigkeit, Unterstützung für Frauen zu schaffen, die mehrere Sprachen sprechen und oft für sprachliche Unsicherheiten stigmatisiert werden, wurde hervorgehoben. Uhlig erklärte, dass migrantische Frauen immer noch die Auswirkungen von Regeln und Strukturen spüren, die vor hunderten von Jahren von Männern geschaffen wurden. Sie sei überzeugt: „Es ist immer eine bessere Welt, wenn es Frauen besser geht“.
Rechte, Repräsentanz und Zugang zu Ressourcen
Keynote: „Stärkung der Menschenrechte von migrantischen Frauen“

In ihrer Keynote betonte Dr. Elisabeth Kaneza, Voll-Juristin und Gründerin der Kaneza Foundation, die Dringlichkeit der Stärkung der Menschenrechte von migrantischen Frauen in einer Zeit, in der Vielfalt sowohl international als auch national bedroht wird. Sie stellte fest, dass Errungenschaften, die als gesichert galten, rückgängig gemacht werden und Frauen dazu gedrängt werden, traditionellere Rollen einzunehmen. Kaneza reflektierte ihre eigene Geschichte, als sie vor 30 Jahren aus Ruanda nach Deutschland kam, und dankte den Müttern, die oft die mutigen Entscheidungen für ihre Familien treffen.
Kaneza betonte das Recht jeder Person, ihr Land zu verlassen und Asyl zu suchen, und wies auf die intersektionale Diskriminierung hin, die besonders Frauen trifft. Sie verdeutlichte, dass die Feminisierung der Migration durch Kriege, Armut, Gewalt und strukturelle Ungleichheiten angetrieben wird, und hob hervor, dass 281 Millionen Migrantinnen weltweit durch Rücküberweisungen erheblich zur Unterstützung ihrer Herkunftsgemeinden beitragen.
Kaneza machte auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam, die migrantische Frauen erleben, wie Menschenhandel und Diskriminierung, und forderte, dass Frauenrechte als Menschenrechte anerkannt werden. Sie hob die Bedeutung eines gendersensiblen Ansatzes in der Migrationspolitik hervor und wies auf den Global Compact for Migration hin, der als nicht rechtsverbindlich gilt und in Europa umstritten ist. Sie erklärte, dass einige Länder, darunter die USA, Ungarn, Polen und Tschechien, dem Abkommen nicht zugestimmt haben, wodurch ihre Bürger nicht auf die darin festgelegten Prinzipien zurückgreifen können. Zudem kritisierte sie, dass der Compact von rechten politischen Kräften bekämpft wird, die befürchten, ihre Möglichkeit zur Äußerung gegen Migranten einzuschränken, da im Rahmen des Abkommens Hassrede verurteilt wird.


Darüber hinaus identifizierte Kaneza bestehende Barrieren für migrantische Frauen in Deutschland, wie eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung und rechtlichen Mitteln sowie intersektionale Diskriminierung. Kaneza empfahl die Anerkennung geschlechtsspezifischer Migrationsgründe, die Abschaffung von Barrieren im Arbeitsmarkt und den Zugang zu rechtlichen Ressourcen. Sie forderte zudem die Schaffung von Beschwerdemechanismen für migrantische Frauen, die Reform diskriminierender Aufenthaltspolitiken sowie sicherzustellen, dass sie Zugang zu notwendigen Dienstleistungen ohne Sprachbarrieren erhalten.
Ein effektiver Rechtsschutz für migrantische Arbeiterinnen sowie die Regulierung des informellen Arbeitssektors seien unerlässlich, um Menschenhandel zu bekämpfen. Besonders wichtig sei der Schutz vor sexualisierter Gewalt für inhaftierte Migrantinnen sowie die Gewährleistung einer angemessenen reproduktiven Gesundheitsversorgung. Der Zugang zu rechtlichen Mitteln bei Diskriminierung sei ebenso entscheidend wie die Einrichtung sprachsensibler Beschwerdemechanismen für migrantische Frauen. Zudem unterstrich sie die Dringlichkeit temporärer Unterkünfte für missbrauchte und diskriminierte Migrantinnen sowie den barrierefreien Zugang zu notwendigen Dienstleistungen. Sie forderte auch kultursensible Integrationsmaßnahmen, die die Potenziale und Ressourcen der Migrantinnen wertschätzen und einbeziehen.
Insgesamt lenkte die Keynote die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit, migrantische Frauen gezielt zu fördern. Sie stehen häufig zwischen mehreren Ebenen von Diskriminierung—sei es aufgrund von Geschlecht, Ethnizität oder sozialem Status. In ihrer Rede verdeutlichte Kaneza, dass die Förderung migrantischer Frauen eine doppelte Bedeutung hat: Sie stärkt die individuelle Position der Frauen und bringt gleichzeitig gesellschaftliche Vorteile, indem sie diversere und inklusivere Strukturen schafft.
Strukturelle Herausforderungen migrantischer Frauen
Erkenntnisse aus der Podiumsdiskussion

Dr. Rahab Njeri; Historikerin, Universität zu Köln
Dr. Elisabeth Kaneza, Juristin & Vorsitzende der Kaneza Foundation
Sylvia Holzhäuer-Ruprecht, SIMAMA-STEH AUF e.V. (Moderation)
Dr. Andrea Acle-Kreysing, Historikerin, Universität Heidelberg
Dr. Simone Höckele-Häfner, Sozialministerium
In der Podiumsdiskussion wurde über die strukturellen Herausforderungen in der Förderung migrantischer Frauen gesprochen. Betroffene sollten stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, da sie oft wertvolles Wissen beisteuern, aber nicht an den Tischen sitzen, an denen Entscheidungen getroffen werden. Die Diskussion betonte die Notwendigkeit, diese Hindernisse aktiv anzugehen, um wirkliche Fortschritte zu erzielen.
Die Panelistinnen sprachen auch darüber, wie migrantische Frauen in der Gestaltung von Programmen und Initiativen eine Schlüsselrolle spielen. Mentoring wurde als zentraler Punkt hervorgehoben, um jüngere Generationen zu unterstützen und ihnen den Zugang zu Ressourcen zu erleichtern. Es wurde ebenfalls über die Bedeutung der afrikanischen Philosophie „Ubuntu“ diskutiert, die das Prinzip der Menschlichkeit und der gegenseitigen Verbundenheit betont. In diesem Zusammenhang wurde herausgestellt, wie das Konzept der Sisterhood, also die Solidarität und Unterstützung unter Frauen, als stärkendes Element fungieren kann, um Barrieren abzubauen und neue Türen zu öffnen.
In den Schlussfolgerungen wurde betont, dass echte Solidarität und gemeinsames Handeln notwendig sind, um Veränderungen herbeizuführen. Die Panelistinnen ermutigten die Teilnehmerinnen, aktiv zu werden und das eigene Potenzial zu entdecken. Es wurde deutlich, dass alle Frauen – unabhängig von ihrem Hintergrund – zusammenarbeiten müssen, um die strukturellen Hürden für migrantische Frauen zu überwinden und ihre Sichtbarkeit zu stärken. Nur so kann eine wirklich inklusive und gerechte Gesellschaft entstehen.
Fragerunde: Beiträge aus dem Auditorium


In der anschließenden Fragerunde aus dem Publikum wurden Themen wie Intersektionalität, Diskriminierung am Arbeitsplatz, fehlende Beschwerdestellen und der Bedarf nach strukturellen Reformen besprochen.
In der Diskussion über die Umsetzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) auf staatlicher Ebene wurde betont, dass es eine umfassendere Betrachtung von Intersektionalität benötigt, anstatt nur einzelne Diskriminierungsmerkmale zu isolieren. Es wurde darauf hingewiesen, dass deutsche Juristen und Juristinnen oft nicht mit dem Konzept der Intersektionalität vertraut sind, was zu Missverständnissen in Gerichtsverfahren führt.
Bezüglich der Durchsetzung von Rechten für migrantische Frauen wurde hervorgehoben, dass die Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle spielt. Es gibt viele Beratungsstellen, doch oft fehlt das Bewusstsein dafür, wie man Diskriminierung meldet. Es wurde betont, dass es nicht nur auf rechtliche Rahmenbedingungen ankommt, sondern auch auf eine unterstützende Kultur, die es ermöglicht, Probleme offen anzusprechen.
Zusammenfassung und Fazit

Zusammengefasst zeigte der Women of Impact Summit 2024, dass die Förderung migrantischer Frauen kein „nice to have“ ist, sondern eine grundlegende Notwendigkeit für eine gerechte und inklusive Gesellschaft. Die Veranstaltung setzte ein starkes Zeichen für die Anerkennung und Sichtbarkeit migrantischer Frauen als aktive Gestalterinnen unserer Gesellschaft. Er regte zur intensiven Auseinandersetzung mit ihren Rechten in Deutschland an und betonte, dass migrantische Frauen eine zentrale Rolle für eine gerechtere Gesellschaft spielen können, wenn ihnen die nötigen Ressourcen und Chancen offenstehen.
Während die Veranstaltung ein bedeutender Schritt zur Repräsentanz migrantischer Frauen war, ist es wichtig, dass dies kein isoliertes Event bleibt. Die Keynote-Rede reflektierte auch die Notwendigkeit langfristiger Maßnahmen und Strukturen. Dazu gehört die Einbindung weiterer relevanter Akteure—von politischen Entscheidungsträgern über Unternehmen bis hin zu Bildungseinrichtungen—um die Anliegen und Perspektiven migrantischer Frauen in deren Strategien zu verankern. Gleichzeitig wurde hervorgehoben, wie essenziell konkrete Lösungen sind, etwa in Form von ausreichender Finanzierung, Zugang zu geeigneten Räumen und der Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze.
Unser Fazit aus dem Women of Impact Summit 2024 ist, dass eine zentrale Herausforderung darin besteht, zu verhindern, dass solche Veranstaltungen zu „Echo-Kammern“ werden, in denen nur jene erreicht werden, die bereits engagiert sind. Ein wichtiges Ziel für zukünftige Summits sollte daher sein, ein breiteres Publikum anzusprechen, um auch außerhalb des Netzwerks ein stärkeres Bewusstsein und mehr Wertschätzung für die Erfahrungen und Fähigkeiten migrantischer Frauen zu fördern.
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